Unsere Zeit in Sagres war die schönste der ganzen Reise und es ist der einzige Ort (vielleicht auch noch das Cabo de Gata) wo wir wirklich wieder hin zurückwollten, als wir ein/zwei Tage entfernt waren. Das ganze Naturschutzgebiet „Parque Natural Sudoeste Alentejano E Costa Vicentina“ ist atemberaubend. Ein toller einsamer Strand neben dem anderen und jede Menge einmalige Orte, wie z.B. „das Ende der Welt“ – der südwestlichste Punkt Europas, oder die „Praia da Bordeira“ mit Flussbett direkt neben einem extrem langen Sandstrand … Ohne Worte. Klare Besuchsempfehlung. Am besten irgendwo ein Hotel buchen und alles in der Umgebung erkunden … sind ja nie mehr als 2 Stunden Fahrt irgendwohin. 🙂
Farol Cabo de São Vicente – das „Ende der Welt“
Als wir auf dem Campingplatz eingecheckt hatten, führte unser erster Ausflug direkt zu diesem Aussichtspunkt. Schon in Rietberg haben wir davon gesprochen, wie es dort wohl sein würde und nach 10 Minuten Fahrt auf einer Straße, die stellenweise irgendwie an die Route 66 erinnert (zumindest in meiner Vorstellung), waren wir tatsächlich da! Überwältigt parkten wir direkt vor dem Klippengelände und konnten es kaum erwarten einen Blick hinunter zu werfen und am südwestlichsten Punkt Europas zu stehen. Die Klippen sind wirklich krass hier und bei Unwetter gibt es hier Wellen und Gischt – ein Wahnsinn (Fotos im Leuchtturm zeugten davon).
Viele essen hier dann noch die „letzte Currywurst vor Amerika“ (oder wie bei uns: „die letzte Pommes“).
Insgesamt ein irgendwie magischer Ort … kann man nicht beschreiben.
Ein Erkundungsspaziergang rund um den Campingplatz
Am nächsten Tag war das Wetter top und wir entschlossen uns einfach mal die direkte Umgebung des Campingplatzes zu erkunden. Also raus aus dem Tor und direkt am Zaun vorbei in die „Wildnis“.
Was folgte war der schönste Spaziergang unserer Reise. Die Natur, Felsen, Wiesen, kleine Wäldchen und Lichtungen sorgten für Abwechslung, während die Seele baumeln konnte. Klaas war sehr interessiert an Flora und Fauna und so konnten wir ihm einiges zeigen und erklären.
Highlight der Wanderung war definitiv ein echter Gänsemarsch, den selbst ich so noch nie live erlebt hatte. Die Gänse hielten sich in der Nähe des Zauns auf und versperrten uns den Weg. Der Besitzer, ein Bauer des Grundstücks direkt neben dem Campingplatz, bekam dies mit und war so freundlich sein Federvieh in ein Gatter zu treiben, was zu oben erwähnten geordneten Abgang der Gänse führte. Sehr witzig anzusehen. In Deutschland wären wir vermutlich für unseren Gang abseits der Wege direkt gescholten worden – dieser Bauer winkte aber freundlich und half uns. So kann man es also auch machen. 🙂
Welcome to „Hippie Beach“!
An diesen Strand, die Anfahrt dorthin und die Erlebnisse dort muss ich regelmäßig zurückdenken.
Michael erzählte uns schon in Lagos davon, dass es einen berühmten Geheimtipp (ein wenig absurd) für Hippies gibt. Zwischen Lagos und Sagres an der Küste. Er warnte uns, dass die Anfahrt zwar heftig, wenn man aber langsam genug fahren würde, absolut machbar für unsere Gefährte sei.
So brachen wir dorthin auf, wobei Maria, Tom, Sid und Milo erst noch einkaufen und später nachkommen wollten.
Normalerweise gibt es bei Stränden immer Schilder auf den Bundesstraßen um sie einfacher zu finden – hier gibt es allerdings keins und man muss schon wissen wo genau mal hin will.
Zunächst fährt man von der geteerten Straße auf einen unbefestigten Feldweg ab … hier gab es nur vereinzelt einige krasse Schlaglöcher, denen man aber ausweichen konnte. Aus dem unbefestigten Weg wurde schnell ein knüppelharter Lehmgrund aus dem überall spitze Steine in allen Größen hervorragten – aha. Daher also der Tipp mit dem langsam fahren. Wer hier nicht gerade nen alten THW-Panzer-Offroadwagen oder Unimog fährt, sollte hier maximal rollend hinunterfahren um keinen Achsbruch zu riskieren … So braucht man für die knapp 6 Kilometer über eine halbe Stunde! Sowas hatten wir noch nie erlebt. Jasmin meinte mehrmals „Und du bist sicher, dass sich das lohnt? Sind wir hier richtig?“ und Klaas fand es mal wieder „superkrass“! Aber Michael meinte es gäbe nichts Vergleichbares … also weiter. Links der Berg, rechts der Abgrund. Keine Absperrung oder ähnliches. Erst ging es langsam bergauf um dann an einem Wohnhaus auf dem höchsten Punkt bis zum Strand bergab zu führen. Ab dort wurde die Straße komplett mit Beton-Gittersteinen ausgepflastert, welche allerdings auch schon zerbröselt und zerbrochen wie Scherben puckelig auf der Straße lagen. Die Freude darüber löste sich also schnell wieder in Wohlgefallen auf. 🙂 Am Ende macht die „Straße“ eine Biegung um den Berg herum und plötzlich öffnet sich das Terrain zu einem langgestreckten „Parkplatz“.
Wir waren baff. Hier tummelten sich an die 30 Wohnmobile, wobei jedes ein Unikat war. Mit Blumen bemalte Oldtimer waren ebenso vertreten wie ehemalige Militärfahrzeuge, Bullis und sogar PKW in denen gewohnt wurde. Hippie-Heaven.
Wir parkten direkt neben einem Pärchen aus Bielefeld (welch Zufall), Oktavia und Kevin, welche uns herzlich empfingen und uns erstmal in die Gepflogenheiten dort einweihten und die Besonderheiten erklärten (Empfang nur auf dem Berg usw.). Hier fühlten wir uns sofort wohl!
Ich schielte immer wieder Richtung Berg, weil es von dort natürlich super Motive geben musste und als Maria und Tom nach über einer halben Stunde nicht kamen, ergriff ich die Gelegenheit dort hochzukraxeln um Empfang und einige gute Fotos zu bekommen. Tatsächlich hatten die beiden den Weg nicht gefunden und mir auf die Mailbox gesprochen, dass sie einen Strand weiter wären … Ich rief sie an und erklärte, dass die Straße fahrbar ist und sie keine Angst haben müssten dort hinunterzufahren. Auf den Bildern sieht man gerade ihre Ankunft mit dem gelben Bulli … 🙂
Wir genossen die Einsamkeit am Strand eine Weile, bis es wieder mal „Aufbruch“ hieß.
Auf dem Weg zurück zum „Parkplatz“ durften wir noch Zeugen eines besonderen Schauspiels werden – dazu folgende Info vorab:
Es gibt am Strand den „Parkplatz“ und einen unbefestigten Teil direkt am Strand. Da es den Behörden irgendwann zu doll dort am Wasser wurde, haben Sie den unbefestigten Teil mit großen Findlingen am Ende des Parkplatzes für Mobile unzugänglich gemacht und man kann nun nicht mehr direkt an den Strand fahren … außerdem wird auch der Parkplatz regelmäßig komplett geräumt.
Aber Regeln sind da um gebrochen zu werden:
Von irgendwoher hörten wir auf einmal Motorengeräusche. Ein Offroad-Militär-LKW-Wohnmobil kam doch tatsächlich rechts über den steilen Hügelkamm! Schon vom Zusehen bekamen wir alle schweißnasse Hände. Auch auf dem Parkplatz sammelten sich die Schaulustigen. Gespannt schauten wir der Abfahrt zu, welche aber sehr gut verlief – der Fahrer schien das nicht zum ersten Mal zu machen. In der Wohnkabine konnte kein Teil mehr auf dem anderen gestanden haben … so steil und rüttelig wie der Weg war.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte der Wagen es geschafft und triumphierend parkte er wie ein Mahnmal für die Behörden, dass er sich nicht aufhalten ließ, direkt in der Mitte vom Strand. Als der Fahrer ausstieg gab es dann auch angemessenen Applaus für so viel Rebellentum. 🙂 Knaller. Tom fällte sofort die Entscheidung, dass es, wenn er sich denn jemals ein Wohnmobil zulegen würde, dann bitteschön exakt genau so eines sein sollte. 🙂 Keine Grenzen!
Ausflug nach Carrapateira und Praia da Bordeira
Wir fuhren wieder Kolonne zu unserem nächsten Ausflugsziel: Carrapateira mit angrenzendem Strand.
Die Praia da Bordeira ist in sofern besonders, dass hier der Strand vom Festland noch durch ein Flussbett getrennt wird, d.h. man muss erst durch den Fluss waten um dann auf den Strand zu kommen. Oder man folgt dem Fluss bis zur Mündung an der linken Seite des Strandes um ihn dann direkt am Meer zu kreuzen …
Schon auf dem Parkplatz äußerte Sid, dass er heute auf jeden Fall heute einen Fisch angeln wollte und Tom ermunterte ihn, halb ernst und halb im Spaß, doch auf jeden Fall alles zu versuchen um den Plan in die Tat umzusetzen. „If you want it Sid – then go for it!“
Was dann folgte war eine Anekdote, die wir alle vermutlich noch im Altersheim erzählen werden: auf dem Weg den Fluss entlang zum Meer fielen Tom und Sid immer weiter zurück, da Sid hartnäckig und ausdauernd, wie er ist, mit seiner selbstgebastelten Angel natürlich einen Fisch fangen wollte. So hatten wir einige hundert Meter Vorsprung und als die beiden dann zu uns aufschlossen, hatten sie ein fettes Grinsen im Gesicht. Da hatte Sid doch tatsächlich einen schwächelnden, bestimmt 30 Zentimeter langen, Fisch entdeckt, der nicht, wie alle anderen, direkt flüchtete als er in seine Nähe kam. Er schrie „Tom I want to catch it!“ und Tom rief „Just grab it!“, in der Annahme, dass das eh nicht klappen würde. Doch eine Sekunde später hielt Sid tatsächlich den für ihn riesigen Fisch in der Hand! Haha – was ein Wahnsinn! Da hat dieser ehrgeizige junge Mann seinen Plan einfach mal in die Tat umgesetzt … Als es dann darum ging was mit dem Fisch zu tun sei, empfahl Tom ihn doch wieder frei zu lassen – und so folgten ihm die beiden den Fluss hinab zu unserer Stelle, wo wir ihm auch noch einmal Tschüss sagen konnten, bevor er im Meer verschwand. Klaas war natürlich angefixt und ab da gab es nur noch das Thema angeln und fischen … 🙂
Und so bauten wir den restlichen Tag riesige Angeln aus Strandgut und übertrumpften uns dabei immer wieder gegenseitig.
Ein toller Tag an einem menschenleeren Strand …
Infos zum Camping Platz
Camping Orbitur Sagres
Parque Natural do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina,
Cerro das Moitas, 8650-998 Vila de Sagres, Faro, Portugal
Tel. +351 282 624 371
Hier haben wir 14,95 pro Nacht mit ADAC-CampingCard bezahlt. Wifi gab es nur an der Rezeption gratis in einem Aufenthaltsraum.
Backstage
Jeden Tag beim morgendlichen Abwasch in der großen „Spülhalle“ (haha) wurde ich von mehreren dicken gehörnten Käfern begrüßt, die sich über Nacht irgendwie in die Spülbecken verirrten. So gab es eine tägliche Rettungsaktion meinerseits. Klaas fand die Käfer superspannend und auch Thilo war neugierig.
Anderes spannendes Thema: Raupen und deren Wanderungen. Wir konnten auf der Reise einigen dieser Raupenmärsche beiwohnen. Sid entdeckte als erstes eine Straße in unserem Camp – die kleinen Dinger kamen wirklich direkt neben unserem Tisch vom Baum gekrabbelt und bohrten sich daneben „circle pit-mäßig“ in den Boden bis nur noch ein sandiger kaum zu bemerkender Kreis übrig blieb. Leider sind die Härchen usw. nicht so prickelnd für Haut und Lunge und für Hunde wie Lowen sogar richtig gefährlich. Uns kam es so vor als wäre es eine Art Raupenplage in Portugal und Spanien – viel später und einige Hunderte Kilometer weiter auf der Autobahn-Fahrt nach Bilbao zählten wir im vorbeifahren 10-20 weiße Raupennester pro Baum (!!), wobei das aber kilometerlang so ging. Kurz überschlagen, sind das um die 400 Raupen pro Baum. Das müssen also alleine in den an die Bahn grenzenden Bäumen einige Hunderttausende an Raupen sein! Unfassbar.